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Johann Stortebeker war ein Kapitän aus Danzig, der zwischen 1391 und 1406 als Handelsschiffer und durch zahlreiche Güterwegnahmen und gewalttätige Übergriffe auf See quellennotorisch wurde. Er dürfte die historische Person sein, auf die sich die Legende von "Klaus Störtebeker" bezieht. Unklar ist, ob der in den 1430er Jahren auftauchende Johann Stortebeker mit dem früheren identisch ist. Zuletzt hat Nicolai Clarus dafür plädiert, hier zwei Personen zu unterscheiden: einen Danziger und einen Rostocker "hans Störtebeker".[1] Zu unterscheiden ist jedoch ein ab den 1420er Jahren belegter Auslieger namens Marquard Stortebeker.    

Störtebeker Denkmal Hamburg

Das Störtebeker Denkmal in Hamburg. Auf dem Sockel ist der Spruch "Gottes Freund - Aller Welt Feind" zu lesen.

Leben

Namensvarianten: Klaas/Claas Störtebeker[2]; Storbiker; Strotbeker[3]; Stertebeker[4] Stortzebechir; Stoertebeker; Strottebeker[5]; Sotebotter [6], Marquard Stortebeker[7]

Lebensdaten: * vor ca. 1370, + nach 1414/15 oder nach 1435.

Herkunft: evtl. Danzig oder Wismar

Tätigkeitsgebiet: Nordsee; Ostsee; Langsound/Norwegen[8], Küste vor Dänemark [9]

Verwandtschaft: unbekannt

Tätigkeiten

Aktivitäten als Fehdehelfer:

  • 1394 wird ein Storbiker gemeinsam mit Goddekin Mighel, Clays Scheld und anderen aus Wismar und Rostock genannt, da sie ein Boot aus Elbing und den Schiffherren Henry Puys geschädigt haben, auf dem sich Ware von Henri Wyman, John Topcliffe und Henry Lakenswither of Yorke befandt [10]
  • 1395 wird John Tutteburie durch Strotbeker geschädigt [11]
  • ebenfalls 1395 wird John Dulwer of Clay durch Godekin Mighel, Clays Scheld und Stertebeker geschädigt; Ware im Wert von 500 Nobeln wird einbehalten[12]
  • vor dem Fest des Hl. Johannes (St. John Baptist) im Jahr 1395 nehmen Godekin und Stertebeker gemeinsam mit anderen das Schiff von Nicholas Steyhard und John Letis of Cley; Schädigung von 320 Nobeln; außerdem nehmen sie am gleichen Tag das Schiff von Thomas Peirs of Clay (Wert 406 Nobeln) sowie das von Simon Durham, das von Thomas Lyderpole und John Coote of Wiveton (Wert 410 Nobeln; sie töteten dabei Simon Andrew, Neffe und Patensohn von Simon Durham; am Samstag vor dem Fest nehmen sie das Schiff von Thomas Lyderpole of Clay[13]
  • 1398 zu St. Michaelis (S. Michael the Archangel) nehmen Godekin und Stertebeker in Norwegen das Schiff von Thomas Motte of Clay[14]
  • 1399 nimmt Godekin Mighel mit Henri van Hall de Stertebekeraus dem Schiff von Michael van Burgh Ware von John Priour of Lenne[15]
  • am 19. August 1405 findet ein Städtetag in Marienburg statt, auch hier wird Stortebeker gemeinsam mit Claus Cordis erwähnt HR I.5, Nr. 260 §10; beide sollen zum nächsten Treffen erscheinen
  • im März 1406 findet der Städtetag zu Danzig statt; es wird vermerkt, dass Stortzebechir unerlaubt nach England gereist ist, weswegen er 25 Mark Strafe zahlen soll; dieses wird im weiteren Protokoll auch vermerkt, ebenfalls die eigenartige Angabe, "Ouch haben die herren von Datzik van Stortzebecker 23 Engelsche nobilen entfangin, die nicht in der stete summe siin gerechent."[16]
  • 1435 Erwähnung Johann Stortebekes in einem Brief von Köln an die in Lübeck versammelten Rathssendeboten der Hansestädte und an Lübeck HR II.1, Nr.481, sowie in einem Schreiben des deutschen Kaufmanns zu Brügge an die sich demnächst in Lübeck versammelnden Rathssendeboten der Hansestädte und an Lübeck (hier wird Stortebeker Wismar zugeordnet) HR II.1, Nr. 483

Status: Schiffer in Danzig, zeitweise Fehdeunternehmer

Fahrgemeinschaften: Gödeke Michels [17], Wigbold[18](lt. Legende), Herman Haweupe, Hinrich Corte, Jan Velhove, Gudemont Janneszon, Yesse Dene, Otte Rover, Tiderich Hogezee, Hans van Wethemonkule [19], Clays Scheld[20]

Auftraggeber: u.a. Graf Albrecht von Holland

Angaben zu Schiff und Besatzung: unbekannt

Sonstige Tätigkeiten:

  • Nach Stuart Jenks ist ein Englandfahrer Johann Stortebeker zwischen 1391/92 und 1414/15 in London, Bristol, Scarborough und Danzig nachweisbar.[21] Jenks hält diesen jedoch für mit dem "Vitalienbruder" Johann Störtebeker nicht identisch.[22]
  • 1409/11 hat ein "Tyrgarde" (eventuell: Johannes Daregarth) Ladung an Bord des Schiffes von Hannes Storczbecher.[23]
  • 1380 wird in Wismar ein Nikolaus Störtebeker Opfer einer Schlägerei. Es ist unklar, ob dieser identisch mit dem späteren Fehdeunternehmer ist.[24]
  • 14. August 1400 wird Johan Stortebeker in einem Vertrag zwischen Albrecht von Holland und den Vitalienbrüdern genannt HR I.4, Nr. 605
  • 1405 ist ein John Sotebotter gemeinsam mit Henri Rimarus, Thedericus und Simon als Bote für einen Vertrag zwischen England und der Hanse angegeben (genaues Datum 15.12.1405, in der Stadt Dordract)[25]
  • im gleichen Jahr, am 03. April 1405, wird ein Schiffherr Stortzebechir im Protokoll des Rezesses zu Marienburg genannt; für ihn bürgt der Danziger Arnd Rogge HR I.5, Nr. 241 §12,13
  • 1413 ist ein Johann Startebequer mit seinem Schiff "Sainte Marie-Knyght de Dansque" in Bordeaux nachweisbar.[26]
  • 1413 bekommt Johann Stortebecker vom Englischen König eine Geleitzusage.
  • 1419 erlaubt der Hochmeister des Deutschen Ordens einem Hannos Storczebecher, sich im Ordensland, nicht aber in Danzig, niederzulassen. Clarus sieht in diesem den vormaligen Gewaltunternehmer, der sich aus Sicherheitsgründen nicht im Umfeld der englischen Preußenfahrer habe ansiedeln können.[27]
  • 1421 wird in Rostock ein Hans Störtebeker eingebürgert.[28]

Sonstiges

Laut Legende ist er am 20. Oktober 1400 oder 1401 auf dem Hamburger Grasbrook hingerichtet worden. Weitere Erwähnungen seines Namens in den Quellen aus der Zeit danach werfen jedoch Zweifel an dieser Version der Geschichte auf.

Quellen

HR I.4, Nr. 605 HR I.5, Nr. 241 §12,13 HR I.5, Nr. 260 §10 HR I.5, Nr. 308 §§ 10,25 HR I.8, Nr. 512 HR I.8, Nr. 758 HR I.8, Nr. 779 HR II.1, Nr. 481 HR II.1, Nr. 483

Literatur

Puhle, Matthias: Die Vitalienbrüder. Klaus Störtebeker und die Seeräuber der Hansezeit. Campus Verlag, Frankfurt/M. 1994.

Gregor Rohmann: Der Kaperfahrer Johann Stortebeker aus Danzig. Beobachtungen zur Geschichte der Vitalienbrüder, in: Hansische Geschichtsblätter 125 (2007), S. 77-119.

Jörgen Bracker: Klaus Störtebeker - Nur einer von ihnen. Die Geschichte der Vitalienbrüder, in: Klaus Störtebeker. Ein Mythos wird entschlüsselt, hrsg. v. Ralf Wiechmann u.a., München 2003, S. 9-59.

Wilfried Ehbrecht: Die Ereignisse von 1400/1401/1402 in den Quellen, in: Störtebeker - 600 Jahre nach seinem Tod, hrsg. v. Wilfried Ehbrecht, Trier 2005, S. 37-56 (Hansische Studien 15).


Einzelnachweise

  1. Clarus, S. 147 f.
  2. Rufus-Chronik, in: Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bd. 28. Hrsg. v. Historische Commission der Königl. Academie der Wissenschaften, Leipzig 1902, S. 25.
  3. Hakluyt, TPN Bd.II, S.55-71
  4. Hakluyt, TPN Bd.II, S.55-71
  5. HUB 5, Nr.1109
  6. Hakluyt, TPN Bd.II, S.59
  7. HR I.8, Nr. 512
  8. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.65
  9. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.66
  10. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.61-62
  11. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.61
  12. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.64
  13. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.65-66
  14. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.65
  15. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.70-71
  16. HR I.5, Nr. 308 §10, 25
  17. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.55-71
  18. Rufus-Chronik, in: Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bd. 28. Hrsg. v. Historische Commission der Königl. Academie der Wissenschaften, Leipzig 1902, S. 25.
  19. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.61
  20. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.61
  21. Jenks: Hanse, England und Preußen, Bd. 3, S. 967.
  22. Jenks (Hg.): Danziger Pfundzollbuch, S. 408; vgl. dazu aber Rohmann: Johann Stortebeker.
  23. Jenks (Hg.): Danziger Pfundzollbuch, Nr. 256, S. 40; zur Identifizierung vgl. aber ebenda, S. 411: Personengeschichtliche Nachweise, und S. 480: Personenregister, über andere Träger des Namens.
  24. Liber proscriptorum, Festungsbuch der Stadt Wismar
  25. Hakluyt, TPN, Bd.II, S.59
  26. Paravicini: Jenseits von Brügge (2007), S. 573.
  27. Clarus, S. 148.
  28. Clarus: Bartholomäus Voet, S. 12, nach: StAHRo, Bürgerbuch, fol. 1r.

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